Montag, 15. März 2021

Mittendrin


Ganz (schön) schief. Ein Jahr Corona, und wir stecken noch immer mittendrin. Ein Jahrestag, doch zu feiern gab und gibt es nichts. Dieser vermaledeite Virus und die mit ihm verbunden Auswirkungen auf unser Leben, das alles hat kein Fest verdient. Aber wir haben es! Wir alle, die wir allesamt trotzen und klotzen, jeden Tag aufs Neue, wo und wie wir können. 

"Wollen wir am Samstag etwas besonders machen?", frage ich nun am vergangenen Jubiläumswochenende. "Ganz ehrlich?", setzt mein Mann zu einer Antwort an. "Es ist doch, als würde man Abend für Abend zum Cäptain`s Dinner eingeladen werden...!" Ich weiß, was er meint und muss auch etwas lachen. "Ja, zur Abwechslung mal was mit der Familie machen!", stimmt das ganz schön große Mädchen mit ein. Wir lachen jetzt zu dritt. Nach coronamüde kommt blöd. Eine Idee haben wir dann zwar immer noch nicht, aber ich werde nicht locker lassen. Wie es nun mal meine Art ist.

Nicht, dass wir jemals an solch einem Dinner teilgenommen haben, geschweige denn, dass wir jemals eine Kreuzfahrt machen würden, aber das Bild mit dem Schiff gefällt mir gut. Sitzen wir doch schließlich alle im gleichen Boot, die Reise dauert nur einfach schon so, so lange. Und dann dieser Wellengang. Da darf  einem auch schon mal schlecht werden. Zumal das Ganze ja auch noch nicht mal persönlich gebucht war. Das ist der Punkt. Wir alle hatten andere Pläne. Möchten auch endlich wieder neue Pläne schmieden. Stattdessen warten wir ab, zeigen uns gerade irre flexibel, absolut anpassungsfähig, total multitaskingfähig, können enorm viel aushalten, und das alles schlaucht. Es schlaucht tüchtig. Uns alle. An niemandem geht dieser Virus spurlos vorbei. Ich meckere nicht. Das nützt nichts oder nur selten, ich stelle einfach fest. 



Die Homeschoolingtage haben es in sich. Bedeuten sie doch, dass sowohl Kinder als auch Eltern schlichtweg nicht da sind, wo sie gerade sein sollten, wir arbeiten nicht wie und mit wem wir arbeiten sollten. Wobei ich ja gerade in der Schule bin. So sehr ich das Risiko der Ansteckung fürchte, so froh bin ich gleichzeitig über diesen kleinen Fetzen Normalität, auch wenn er sich den ganzen Schultag über hinter einer Maske versteckt und mit Mengen an Handdesinfektion regelmäßig weggespült wird.

Meiner Familie fehlt vieles: der Schulalltag fehlt, mit seinen Freund:innen, mit den Pausen, den Arbeitsgemeinschaften, mit dem Gefühl, um zehn nach eins vorerst mit der Schule fertig zu sein und die Hausaufgaben dann nach wohltuenden Hobbies zu organisieren. Es fehlt, nach einem vielleicht turbulenten Tag beim Abendessen wieder zusammenzukommen und von den Erlebnissen und Begegnungen zu erzählen.  Für uns Eltern hinzukommt außerdem das nagende Gefühl, das sich schlechtes Gewissen nennt und permanent meint, nichts und niemandem hier gerade gerecht zu werden. Nicht den Kindern, nicht der Arbeit, der Familie, dem Haushalt und am wenigsten vermutlich sich selbst. 

Deswegen freue ich mich mehr denn je auf die Wochenenden, meine es besonders gut mit diesen zwei Tagen, bestücke den Kühlschrank und den Vorratsraum mit lauter Leckereien, habe noch Lust zu kochen und zu backen, am liebsten in der Tat gemeinsam, möchte mir tolle Sachen für uns einfallen lassen. Und jetzt kommt das dicke ABER: Es fehlt schlichtweg die Abwechslung. Es fehlt der Raum, die Möglichkeit, sich zu vermissen, sich wieder aufeinander zu freuen. Der Alltag vor der Pandemie war ja auch durchaus gleichförmig, aber er brachte Erlebnisse, Eindrücke und den Austausch mit anderen Menschen mit sich. Keine Videokonferenz und keine Online-Ballettstunde der Welt kann das ersetzen. Punkt. 

Ich wundere mich außerdem, einerseits ist so viel Zeit da, und andererseits dann doch wieder nicht ausreichend genug, um sich richtig aufeinander einzulassen, weil alle hier auch immer so vor sich hintüdeln. Spätestens an dieser Stelle blitzt dann auch bei mir wieder kurz das blöde schlechte Gewissen auf: "Los! Genießt diese intensive Zeit!" Ahhhh, mache ich doch! 

Ich hoffe so sehr -in was weiß ich wie weit entfernter Zukunft- sagen zu können: Es ging uns gut. Den Umständen entsprechend gut, und wir haben das Beste daraus gemacht, auch mal und vielleicht gerade erst recht an schiefen Tagen. Ich verspreche mir, so wird es sein. Irgendwie schaffen wir es. Immer wieder. Das Geheimnis liegt vermutlich darin, immer und immer wieder den Fokus auf das Gute zu richten. Mehr kann ich gar nicht raten.



An diesem besagten Samstag haben wir es zum Glück schließlich dann auch geschafft. Die Vorräte haben wir unangetastet gelassen. Unser Captain`s Dinner bestand aus Veggieburgern und Süßkartoffelpommes vom Burgerdealer unseres Vertrauens. Mit Limo und Kiezmische haben wir angestoßen, haben Partyspiele gespielt, uns kringelig gelacht und gefeiert.



Wir haben uns gefeiert und das "Mittendrin" wieder gerade gerückt. Am Sonntag musste ich es dann abnehmen, denn die Mädels und ich haben endlich mal wieder gemeinsam gebastelt, so dass jetzt ein neuer Kranz an der Wand prangt, aber das ist eine andere Geschichte...

Wie sieht es gerade bei dir aus? Schieflage? Oder alles im Lot?

Herzlichst

Goldi

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